Konkret bedeutet das: Das sogenannte Trennungsjahr muss verstrichen sein, bevor ein Ehegatte den Scheidungsantrag über seinen oder ihren Anwalt bei Gericht einreichen kann. Beide Ehegatten haben dadurch ausreichend Zeit, die Auflösung der Ehe gründlich zu überdenken und nicht vorschnell zu entscheiden.
Das Trennungsjahr beginnt offiziell mit dem Zeitpunkt der Trennung - sei es durch das Aussprechen der Trennung durch einen Ehegatten oder das Auflösen der gemeinsamen Hausgemeinschaft. Da es nicht amtlich angemeldet oder offiziell eingeleitet wird, ist es wichtig, den Zeitpunkt der Trennung klar und nachweisbar zu dokumentieren. Eine Verkürzung des Trennungsjahres ist nicht möglich, frühzeitige Scheidungsanträge würden gebührenpflichtig zurückgewiesen.
Nur in ganz bestimmten Fällen kann die gescheiterte Ehe vorzeitig und ohne Verstreichen des Trennungsjahres geschieden werden. Es handelt sich dabei um die sogenannte Härtefallregelung. Stellt das Gericht fest, dass eine unzumutbare Härte vorliegt, also es einem der Ehepartner nicht mehr zuzumuten ist, die gescheiterte Ehe fortzusetzen, kann die Ehe auch frühzeitig geschieden werden.
Ob eine unzumutbare Härte tatsächlich vorliegt, muss in jedem einzelnen Fall geklärt werden. Dies kann der Fall sein, wenn sich ein Ehegatte gegenüber dem anderen Ehegatten
können Punkte sein, die ein Abwarten des Trennungsjahres unzumutbar machen.
Härtefallscheidungen sind stets Einzelfallentscheidungen. Über die Unzumutbarkeit der Ehe wird also von Fall zu Fall entschieden.
Im vorliegenden Fall waren die Eheleute 26 Jahre miteinander verheiratet.
Über Jahre hinweg verhielt der Ehemann sich seiner Frau gegenüber wie ein „Pascha“: Er demütigte und beleidigte sie regelmäßig und war zudem oft sehr aggressiv und gewalttätig. Darunter litt die Ehefrau sehr. Auch die gemeinsamen Kinder litten unter ihrem Vater.
Die Ehefrau beschrieb sich schließlich als „psychisch kaputt“ und berichtete von verschiedenen Vorfällen, welche auch durch die gemeinsamen Kinder bestätigt wurden.
Das Verhalten des Ehemannes erreichte schließlich einen Höhepunkt, als er seine Ehefrau heftig schüttelte und beleidigte. Die Ehefrau bekam einen Krisenanfall. Ein Rettungswagen musste gerufen werden, um sie zu versorgen und die Situation aufzulösen.
Hierauf reichte die Ehefrau die Scheidung ein, ohne die Trennung im Vorfeld ausgesprochen oder kommuniziert zu haben. Das Trennungsjahr hatte dementsprechend noch nicht begonnen. Dennoch prüfte das Gericht die Situation auf eine unzumutbare Härte hin. Das Gericht hörte hierzu die Ehefrau, den Ehemann und die Kinder an.
Nach Abwägung des Sachverhaltes kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine unzumutbare Härte vorlag. Die Ehe wurde geschieden, obwohl das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen war.
Der Ehemann legte gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde ein. Der Senat des OLG Oldenburg prüfte den Sachverhalt daraufhin sehr sorgfältig und lehnte die Beschwerde des Ehemannes ab. Der Ehemann hatte mit seinem Verhalten das Fundament der Ehe zerstört. Ein Festhalten an der Ehe war nicht mehr zumutbar.
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